Elisabetta Foradori – Auf dem Weg zum idealen Rotwein
Das Weingut Foradori liegt in der kleinen Gemeinde Mezzolombardo im Trentino, knapp an der Regionalgrenze zu Südtirol. Der Name Elisabetta Foradori hat in der Weinbranche einen schon fast legendären Ruf. Warum das so ist, wollte ich im Februar bei einem Kurztripp nach Norditalien herausfinden. Der Ursprung meiner Neugierde liegt im Teroldego, den ich vor ca. zwei Jahren beim Weingut Marion für mich entdeckte. Elisabetta Foradori gilt heute als die Päpstin des Teroldego, aber der Reihe nach.
Wenn man wissen möchte, warum Foradori heute eine absolute Ausnahmestellung im Trentino einnimmt, muss man sich zunächst die Situation des dortigen Weinbaus vor 30 Jahren und heute ansehen. Der Weinbau im Trentino wird und wurde dominiert von den Genossenschaften. Der Großteil der Winzer lieferte brav seine Trauben an die Genossenschaften, welche dann daraus zumeist leichte fruchtige Massenweine produzierte. Egal wie gut die Lagen der einzelnen Weinbauern waren, egal wie viel Herzblut und Arbeit in den Weinberg investiert wurden – es landete alles zusammen in einer großen „gesichtslosen“ Mischung. Leider hat sich an diesem Status bis heute kaum etwas geändert.
Nachdem Elisabetta Foradori bereits in jungen Jahren (1984) in den elterlichen Betrieb, der seit 1939 existiert, eingestiegen war, wollte sie sich mit dieser qualitätsarmen Produktionsweise nicht abfinden. Insbesondere der auf Masse getrimmte, damals dominierende Klon des Teroldego schien ihr so gar nicht in Einklang zu stehen mit den ihr bekannten Überlieferungen und Erzählungen zu den historischen Teroldego-Weinen. Also machte sie sich ans Werk und sammelte in Bibliotheken und Universitäten alle Informationen zum Teroldego, derer sie habhaft werden konnte. Ähnlich verfuhr sie mit den verschiedenen Klonen des Teroldego und baute über die Jahre auf dem heimischen Gut eine beachtliche Sammlung an Teroldego-Klonen auf. Es wurde getestet und selektiert und verschiedene Teroldegos wurden auf unterschiedlichen Lagen angepflanzt.
Das Gebiet, in dem die Weinberge liegen – das Campo Rotaliano, ist Schwemmland der Etsch und des Noce. Umgeben von hohen Bergen zeichnen sich diese Lagen durch hohe Tag-Nacht-Temperaturunterschiede aus, was für die Ausbildung eines ansprechenden Säure-Zucker-Verhältnis optimal ist. Es herrscht ein grober felsiger Untergrund vor, der tagsüber die Wärme speichert und nachts wieder abgibt.
Schon wenige Jahre nach ihrem Einstieg konnte Elisabetta Foradori mit dem Granato einen in Barrique ausgebauten Teroldego präsentieren, der bis heute nicht nur die de-facto Messlatte für alle Teroldegos ist, sondern auch zu einem der Flaggschiff-Weine Italiens wurde. Neben dem Granato werden heute noch drei weitere Teroldegos produziert. Der Morei, den ich später hier noch ausführlich vorstellen werde, und der Sgarzon repräsentieren jeweils eigene Lagen, der Foradori stellt ein Teroldego-Cuvee dar.
Einen weitereren Schwerpunkt in der Arbeit Elisabetta Foradoris über die Jahre stellt der naturnahe ökologische Landbau dar. Dass der Boden den Wein macht, nimmt man bei Foradori ernster als andernorts. Gedüngt wird mit dem eigenen Kompost (siehe Galerie), der u.a. aus dem Pflanzenrückschnitt des Winters besteht. So entsteht ein Kreislauf der gewährleistet, dass Bakterien auf dem Gelände und bei den Reben erhalten bleiben, die zur Fermentation des Weines unbedingt nötig sind. Bereits 2002 erfolgte der Umstieg auf den biodynamischen Anbau. 2009 erlangte das Gut die sehr strenge Zertifizierung des Demeter-Verbandes.
Immer auf der Suche nach Verbesserungspotential begann Elisabetta Foradori in den letzten Jahren ein neues Abenteuer: Gärung und Ausbau der Weine in Tonamphoren (siehe Titelbild). In den 400 Liter fassenden Amphoren gärt der Wein auf der Schale, initiiert nur von den vorhandenen natürlichen Hefen, und reift auch in diesen urtümlichen Gefäßen. Nach langer Suche und einigen Experimenten werden diese Amphoren (Tinajas) mittlerweile für Foradori in Spanien hergestellt. Dieses besondere Behältnis bietet verschiedene Vorteile. Die Maische bzw. der Wein kann unter Ausschluss direkten Luftkontaktes „arbeiten“, eine schnelle Oxidation ist ausgeschlossen. Dennoch kann das Gefäß, ähnlich wie ein Holzfass, atmen. Über die Jahre baut sich im Inneren der Amphoren eine einzigartige Patina auf, die den Weinen bei der Gärung und bei der Reifung hilft.
Sowohl zwei der Teroldegos als auch ein weiteres authochthones „Baby“, die Nosiola, sowie der Pinot Grigio werden mittlerweile in den Amphoren produziert. Barrique-Fetischisten werden bei dem Geschmack vielleicht die Nase rümpfen ob der fehlenden, durch Fassausbau bewirkten, charakteristischen Gerbstoffe. Ich finde jedoch, dass gerade die Teroldegos sehr durch diesen Ausbau gewinnen. Die Mineralik unterscheidet sich schon sehr zum Ausbau im Holz: Deutlicher, erdiger, aber ohne die eigentlichen Rebaromen zu übertünchen. Im Gegenteil, selbige werden unterstützt und hervorgehoben. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass das jeweilige Terroir durch den Amphorenausbau noch deutlicher wird.
Ein weiterer Meilenstein war die Gründung eines eigenen Weinbauverbandes. Zusammen mit zehn weiteren Weingütern wurde der Verband „i Dolomitici“ gegründet. Er propagiert den ökologischen Landbau, die Besinnung auf traditionelle Anbaumethoden und zuvorderst die Produktion von Weinen, die ihren historischen Ursprung und ihre Region in sich tragen und repräsentieren.
Man darf gespannt sein mit welchen Innovationen Elisabetta Foradori in den nächsten Jahren versuchen wird, ihren „idealen Rotwein“ zu erzeugen. Meiner Meinung nach ist sie schon verdammt nah dran.
- Foradori, Vigneti delle Dolomiti IGT (Cuvée, 100% Teroldego, 15 Monate Lagerung in großen Holztanks, 13%)
- Sgarzon, Vigneti delle Dolomiti IGT (100% Teroldego, lagenrein, Fermentation und Reifung über 8 Monate in der Amphore, 12%)
- Morei, Vigneti delle Dolomiti IGT (100% Teroldego, lagenrein, Fermentation und Reifung über 8 Monate in der Amphore, 12%)
- Granato, Vigneti delle Dolomiti IGT (100% Teroldego, Cuvée mehrerer Top-Lagen, 15 Monate Lagerung in großen Holztanks, 13%)
- Fontanasanta Manzoni Bianco, Vigneti delle Dolomiti IGT (100% Manzoni Bianco (Kreuzung aus Riesling & Weißburgunder), Fermentation in Zementtanks, 12 Monate Reifung in Fässern aus Akazienholz, 12%)
- Fontanasanta Nosiola, Vigneti delle Dolomiti IGT (100% Nosiola, Fermentation und Reifung über 8 Monate in der Amphore, 12%)
- Fuoripista Pinot Grigio, Vigneti delle Dolomiti IGT (100% Pinot Grigio, Fermentation und Reifung über 8 Monate in der Amphore, 12%)
Einen Sonderfall stellt der Perciso (dt.: „für Ciso“) dar. Dieser aus der Enantio-Traube (oder auch Lambrusco a Foglia Frastagliata) gewonnene Wein wird vom Verband „i Dolomitici“ gemeinschaftlich erzeugt. Der ehemalige Besitzer Narciso (Spitzname Ciso) vermachte die Lage mit über 700 Reben dem Verband. Es handelt sich um über 100-jährige Reben, die nicht auf amerikanischen Unterlagen veredelt sind! Der Enantio-Traube werde ich mich später ebenfalls intensiver in einem eigenen Beitrag widmen.
Aufgrund der Qualität und der großen Bekanntheit sind die Foradori-Weine bei vielen lokalen Händlern und Online-Shops zu erhalten.
Die Foradori Weine
Fakten Foradori
Lage: Mezzolombardo, Trentino
Fläche: ca. 28ha Anbaufläche
Menge: rund 160.000 Flaschen Produktion
Weine: Teroldego (Granato, Morei, Sgarzon, Foradori), Manzoni Bianco, Nosiola, Pinot Grigio